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Beitrag vom 17.03.2008
60 Jahre Pressefotografie aus Israel
Kristina Tencic
Die Bilder der Fotografen Paul Goldman und David Rubinger gehören zum visuellen Selbstverständnis Israels – nun werden ihre Werke bis zum 20. April 2008 im Willy-Brandt-Haus zu sehen sein
Das Bild von Staatsgründer Ben-Gurion beim Kopfstand am Strand vom 20. September 1957 genießt in Israel Kultstatus. Weitaus weniger bekannt hingegen ist dessen Schöpfer, Paul Goldman. Zusammen mit Werken von David Rubinger, der ebenfalls zu den Pionieren der Presse- und Dokumentationsfotografie in Israel zählt, werden Teile seines Nachlasses vom 13. März bis zum 20. April 2008 im Willy-Brandt-Haus ausgestellt.
Mit diesem Nachlass hat es eine besondere Bewandtnis: Obgleich Paul Goldmans Bilder, die er zwischen 1943 und 1961 schuf, heute untrennbar mit dem visuellen Selbstverständnis Israels verbunden sind, starb der 1900 in Ungarn geborene Goldman 1986 erblindet, verarmt und vergessen. Im Jahr 1998 setzte sich sein früherer Kollege bei der Bildberichterstattung der Wochenzeitung "Haolam Hazeh", David Rubinger, das Ziel, das Erbe Goldmans für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen und fuhr für seine Recherche zu Golmans Tochter. Auf dem Dachboden des Hauses in dem kleinen Vorort Tel Avivs wurde er schließlich auch fündig – Rubinger archivierte mit der Hilfe des Sammlers Spencer M. Patrich rund 40.000 Negative und stellte einen Katalog und eine Ausstellungsserie zusammen.
Der 1924 in Wien geborene und 1939 nach Palästina geflohene David Rubinger dokumentierte die israelisch-palästinensischen Kriege wie kein zweiter: seine Aufnahmen zeigen würdevoll Momente menschlichen Leids, die er stets aus dem Herzen des Geschehens aufgenommen hat. Auch Regierungschefs verstand er in einem ungewöhnlichen Moment abzulichten, wie etwa Menachem Begin, der seiner Frau fürsorglich einen Schuh anzog, oder den Hobbyfotografen Yitzhak Rabin, wie er seine Kamera auf Rubinger richtet.
Die Werke der beiden Überlebenden und Veteranen des Weltkriegs, welche mit ihrer Kamera die turbulenten Phasen der Staatsgründung und Staatsentwicklung dokumentierten, werden nun durch eine Initiative des Freundeskreises des Willy-Brandt-Hauses e.V. und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin präsentiert. Die ausgewählten Fotografien fügen sich zu einem beeindruckenden Zeitpanorama zusammen, das durch sechs Jahrzehnte israelischer Geschichte führt und von den Herausforderungen berichtet, denen das Land ausgesetzt war. Die Werke zeigen das Lebensgefühl der Israelis auf der Suche nach Identität und Normalität. Die Ankündigung der Ausstellung als "Pressefotografie" ist in Anbetracht der Bilder sehr nüchtern, da die bewegend kunstvollen Zeitzeugnisse weit über die reine Berichterstattung hinaus gehen.
Veranstaltungsort: Willy-Brandt-Haus
Stresemannstr. 28 (U-Bhf. Hallesches Tor)
10963 Berlin
Eintritt frei, Ausweis erforderlich
www.freundeskreis-wbh.de
www.fes.de
(Quelle: Jüdische Allgemeine Nr.11/08, Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.)